Samstag, 22. Oktober 2011

VIDEO and Pressemitteilung von The VOICE Refugee Forum Jena & Break

Break Isolation Network
VIDEO and Pressemitteilung von The VOICE Refugee Forum Jena & Break
Isolation!‐Bündnis
BREAK ISOLATION Aktionstag in Erfurt! | Alle Flüchtlingslager schließen –
Residenzpflicht abschaffen! | 
 
Samstag, 22. Oktober 2011, Erfurt |
Kundgebung ab 10 Uhr, Anger | Presse-Briefing um 13 Uhr, Am Anger | 
Demonstration um 14 Uhr, ab Hauptbahnhof | Indymedia | Radio-Interview mit
Hassan Siami
http://thevoiceforum.org/node/2294

Kontakt/Info: +49 (0) 174 8474694
Pressesprecher: Miloud L Cherif, Flüchtlingsgemeinschaft Zella‐Mehlis,
+49 (0) 176 99334119
 
 
 
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
An die Öffentlichkeit
An die Presse
An die Bürgerinnen und Bürger von Erfurt
21. Oktober 2011

„Es gibt viele Arten zu töten.
Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen,
einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen,
einen in eine schlechte Wohnung stecken,
einen durch Arbeit zu Tode schinden,
einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw.
Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“
Bertolt Brecht
BREAK ISOLATION!
Alle Flüchtlingslager schließen!
Residenzpflicht abschaffen!
- zentrale Demonstration der Flüchtlingsgemeinschaften aus Thüringen in
Erfurt
- Außerkraftsetzung der Residenzpflicht für den 22. Oktober 2011
- Aufruf zu Verstärkung der Aktivitäten für die Schließung der Lager in
Thüringen

Am morgigen Samstag kommen Flüchtlingsgemeinschaften aus den
Isolationslagern in Thüringen in Erfurt zusammen und verteidigen durch
ihre Präsenz und ihre Stimmen ihre Grundrechte. Die morgige Zusammenkunft
der Flüchtlinge und AktivistInnen unterschiedlicher Netzwerke ist Ausdruck
der Solidarität und des Zusammenhaltes gegen die menschenverachtende
Politik der Landesregierung Thüringens und der Bundesregierung. Diese
missachten täglich die Grundrechte jedes Flüchtlings, zermürben sie
physisch und psychisch in Lagern und in Behörden. Sie setzen bewusst
Menschenleben in Gefahr.

Jeder unserer Zusammenkünfte wie auch die morgige ist auch ein Gedenken an
unsere Brüdern und Schwestern, die nicht mehr mit uns sein können. So
gedenken wir morgen unter anderem den kürzlich im Lager Gerstungen
verstorbenen Flüchtlings Michael Kelly. Wir tragen die Wut über den Tod
unseres Bruders Shambhu Lama im Herzen, der sich im März diesen Jahres
angesichts der drohenden Abschiebung in Gifhorn das Leben nahm. Sie beide
sind nur zwei Namen unter den vielen Opfern der Flüchtlingsabwehr der
Bundesregierung und all ihren ausführenden Institutionen. Während des
KARAWANE-Festivals 2010 "Vereint gegen koloniales Unrecht, in Erinnerung
an die Toten der Festung Europa" trugen wir letztes Jahr die Namen von
tausenden Opfern dieser Politik durch die Straßen Jenas. Morgen werden
wir, die Überlebenden dieses Krieges gegen Flüchtlinge unsere Grundrechte
und die Zukunft unserer Kinder, Brüdern und Schwestern verteidigen.

Die Stadtverwaltung Erfurt hat in einem 8-seitigen Schreiben Auflagen für
den morgigen Aktionstag definiert und versucht den Handlungsspielraum der
Aktionsteilnehmerinnen und –teilnehmer einzuschränken. Die Verfolgung von
aktiven Flüchtlingen, Freundinnen und Freunde ist kein neues Phänomen.
Unterschiedliche Formen der Repression werden permanent gegen aktive
Flüchtlinge angewendet: Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch die
Residenzpflicht, Einschüchterung durch Abschiebeandrohungen,
Unterwerfungsversuche durch Entzug von Leistungen und Verweigerung von
medizinischer Versorgung. Teilweise enden diese Repressionen und Drohungen
tödlich. Doch in den vergangenen 17 Jahren der Selbstorganisation von
Flüchtlingen im Bundesgebiet haben diese Einschüchterungen und Verfolgung
unseren Kampf für die Verteidigung demokratischer Grundrechte, unseres
Lebens und unserer Würde nicht aufhalten können.

In Ihrem Schreiben weist die Stadtverwaltung Erfurt insbesondere auf die
Einhaltung der Vorschriften des § 58 des Asylverfahrensgesetzes hin.
Dieses Vorschrift ist die Residenzpflicht. Mit der sogenannten
Residenzpflicht werden per Gesetz die Grundrechte auf Bewegungsfreiheit
und Meinungsfreiheit verletzt. Die Zuweisung der Menschen zu
geographischen Orten, Verwaltungsgebieten, Landkreisen wurde von den
Kolonisatoren in den Kolonien für die kolonisierten Menschen festgelegt
und mit Macht durchgesetzt. Die Residenzpflicht geht zurück auf die
nationalsozialistische Polizeiverordnung von 1938 (gültig bis 1965!) und
wurde 1982 im Asylverfahrensgesetz erneut festgeschrieben. Dabei wurde
gleich das Höchststrafmaß aus der Nazi-Zeit mit übernommen: ein Jahr
Gefängnis.

Wir akzeptieren die Verletzung unserer Rechte nicht und werden uns den
rassistischen Gesetzen nicht beugen.

Unsere Aktionen, unsere Versammlungen und unsere kulturellen
Zusammenkünfte sind deshalb immer auch ein Akt des Widerstands gegen die
Residenzpflicht. Insbesondere rufen wir für den morgigen Samstag zur
verstärkten Aufmerksamkeit und zur sofortigen Unterstützung und falls
nötig zur sofortigen Intervention auf.

Gerade die Residenzpflicht, ihre Anwendung und ihre besondere Erwähnung in
den Auflagen für morgen, beweist uns wieder ein Mal das koloniale Erbe in
den Amtsstuben der Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen. Es offenbart
die Lügen der Bundesregierung, die vorgibt in Afghanistan mit der
Bundeswehr die Bewegungsfreiheit der afghanischen Bevölkerung zu sichern.
Die demokratischen Rechte werden nicht außerhalb Deutschlands militärisch
verteidigt, sondern hier in Deutschland durch unsere Zusammenkünfte.

Wir vom Netzwerk der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und
MigrantInnen unterstützen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln
den Kampf der Flüchtlingsgemeinschaften Thüringens und des BREAK Isolation
Netzwerkes für die Schließung aller Lager in Thüringen.

Die Lager in Breitenworbis, Gerstungen und Zelha-Mehlis konnten wir durch
unsere Besuche in den letzten Jahren besichtigen. Sie sind Orte, an dem
menschliches Leben durch kaltblütige koloniale Ideologie verachtet und
zerstört wird.

Mit diesen Isolationslager schließen wir keine Kompromisse.

Wir rufen alle dazu auf spätestens im nächsten Sommer 2012 die Schließung
der in Thüringen übriggebliebenen Isolationslager in einem Break Isolation
Camp vorzubereiten und voranzutreiben.

Araz Ardehali
21. Oktober 2011

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