Unterstützung von Wolfgang Rose (VERDI)
Schreiben von W. Rose an die Mitglieder der Eingabenausschusses der Hamburger Bürgerschaft betreffen die Eingaben der Roma-Familien
10 Petitionen für ein Bleiberecht !
Schreiben von W. Rose an die Mitglieder der Eingabenausschusses der Hamburger Bürgerschaft betreffen die Eingaben der Roma-Familien
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Landesbezirksleiter von ver.di Hamburg wende ich mich an Sie in der Angelegenheit der Eingaben von Roma-Familien, über die Sie im Eingabenausschuss zu beraten und zu entscheiden haben. Als Gewerkschaft befassen wir uns auch mit Menschenrechtsfragen, insbesondere auch im Zusammenhang der deutschen historischen Verantwortung gegenüber der Volksgruppe der Sinti und Roma als Opfer des Naziregimes (500.000 Sinti und Roma starben unter den Rassegesetzen der NS-Zeit).
Im Eingabenausschuss liegen Ihnen mehrere Eingaben von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus Serbien und Mazedonien zur Entscheidung vor. Es handelt sich um in Hamburg lebende Familien, deren Asylbegehren abgelehnt wurden und die daher nunmehr ausreisepflichtig sind.
Meine herzliche Bitte an Sie ist, sich in Vorbereitung Ihrer Entscheidungsfindung einerseits mit den je konkreten persönlichen Lebensumständen dieser Menschen und ihrer Perspektiven in ihren Herkunftsländern zu befassen, andererseits aber auch die generelle Situation der Volksgruppe der Roma in Serbien und Macedonien zu berücksichtigen.
Mehrere dieser Familien haben mir heute ihre jeweilige Situation sowie ihre Erfahrungen in ihren Herkunftsländern persönlich dargelegt. Dabei wurde deutlich, dass sie für sich und ihre Kinder in ihren Herkunftsländern keinerlei Zukunftsperspektiven sehen, sondern erneute und fortgesetzte Diskriminierung zu erwarten haben. Sie alle wussten von ganz konkreten Diskriminierungserfahrungen zu berichten, die sie selbst und ihre Kinder erlitten haben. Dabei geht die Diskriminierung und Ausgrenzung einerseits von Angehörigen der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung aus, andererseits von behördlichen Stellen. Die Frauen sind davon am stärksten betroffen.
Dass diese konkreten persönlichen Erfahrungen keine zeitlich oder örtlich begrenzten Ausnahmeerscheinungen darstellen, sondern die Angehörigen der Volksgruppe der Roma in ihren Herkunftsländern generell einer fortwährenden Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt sind, bezeugen indes eine ganze Reihe von Berichten, Reportagen und auch offiziellen Dokumenten. Beispielhaft verwiesen sei auf die dieser Mail beigefügten Dokumente, aber auch auf den „Fortschrittsbericht“ der EU-Kommission zu Macedonien aus dem Jahr 2008 oder ganz aktuelle Recherchen von Amnesty International, die sie hier finden: http://www.amnesty.de/presse/2011/4/7/roma-obdachlosigkeit-getrieben-belgrad-laesst-weiter-rechtswidrig-zwangsraeumen?destination=node%2F5078
Im Jahre 2004 haben sich die damaligen Mitglieder des Eingabenausschusses angesichts einer vergleichbaren Entscheidungslage bei einer Informationsreise nach Serbien-Montenegro selbst ein Bild der Lage vor Ort gemacht. Aus ihrem Bericht, den ich Ihnen ebenfalls beifüge, geht hervor, dass sie vor allem in der Region Kosovo eindeutige Indizien für eine Ausgrenzung und Vertreibung der Roma vorgefunden haben. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse der Abgeordneten hatten damals konkret zur Folge, dass entsprechende Ersuchen von Roma-Familien, in Hamburg bleiben zu dürfen, positiv beschieden wurden.
Meine herzliche Bitte an Sie wäre, sich ähnlich wie Ihre damaligen Kolleginnen und Kollegen um eine direkte Einschätzung der Rahmenbedingungen und Perspektiven der heute um einen Verbleib in Hamburg bittenden Roma in ihren Herkunftsländern zu bemühen und diese Erkenntnisse in ihre Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Unterhalb der Aufwandsschwelle einer Reise gibt es sicher andere Möglichkeiten, sich auch hier in Hamburg von verschiedener fachkundiger Seite beraten zu lassen und vorhandene Berichte und Materialien zu berücksichtigen.
Neben den negativen Perspektiven, die den Petenten im Falle einer Ausreise oder Abschiebung drohen, scheinen mir aber auch die persönlichen Integrationsleistungen dieser Menschen für eine wohlwollende Prüfung ihrer Begehren zu sprechen. So sind die Kinder der Familien hier im Schulunterricht gut integriert, und ich konnte mich persönlich davon überzeugen, dass einige von ihnen angesichts ihrer bisherigen Aufenthaltsdauer bemerkenswert gut deutsch sprechen können. Die erwachsenen Mitglieder der Familien legen – ganz im Gegensatz zu manch gängigem Klischee über diese Volksgruppe – äußerst hohen Wert darauf, den Lebensunterhalt ihrer Familien selbst durch geregelte Arbeit erwirtschaften zu können, und nicht auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.
Insgesamt möchte ich Sie daher herzlich bitten, diese Eingaben zumindest eingehend zu prüfen und dabei sowohl die je persönlichen Einzelfallschicksale, als auch die genannten generellen Aspekte diese Volksgruppe betreffend zu berücksichtigen. Schließlich scheinen mir auch die humanitäre Perspektive, die der Werthaltung unserer Gesellschaft und auch Ihrer aller Arbeit zugrunde liegt, und die historische Dimension im Verhältnis Deutschlands zur Volksgruppe der Roma und die daraus erwachsene Verantwortung wichtige Aspekte zu sein, sich zu einer Entscheidung im Sinne dieser Menschen durchzuringen.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Rose
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10 Petitionen für ein Bleiberecht !
Am 21ten März 2011 wurden 8 Petitionen von Roma Familien aus Hamburg in dem Eingabeausschuss der Bürgerschaft eingereicht. 2 weitere Familien haben ebenso Petitionen geschrieben und wollen sie an einem späteren Zeitpunkt einreichen.
Die Idee einer gemeinsamen Einreichung von Petitionen kam während einer politischen Podiumsdiskussion vor der Hamburger Wahlen im Februar wo ein Politiker sich seine Verantwortung einfach dadurch enthoben hatte, indem er gemeint hatte: „Die Familien können ja schlussendlich noch Petitionen schreiben, wenn sie es für passend halten…“
10 Petitionen auf einmal als politisches Zeichen: es sind Roma Familien, die in Hamburg bleiben wollen, die zum Teil vor einigen Jahren hier gelebt haben, bevor sie schon aufgefordert wurden „freiwillig“ nach Serbien, Mazedonien usw. zurückzukehren (die Praxis der Aufforderung „freiwillig“ auszureisen ist also nichts neues!). Es sind Kinder, die in Hamburg geboren sind und mit allen Hamburger Kindern in die Schule gegangen sind. Es sind Kinder, die deutsch sprechen.
Ein politisches Zeichen für die neue Regierung in Hamburg und für die neue Bürgerschaft. Wir fordern ab sofort einen sicheren Status für die Roma-Flüchtlinge. Beenden Sie die Abschiebungen und Nötigung zur „freiwilligen“ Ausreise von Roma in die Staaten Ex-Jugoslawiens!
Am Montag, den 28. März (um 12:00) findet im Rathaus eine gemeinsame Pressekonferenz von der Unterstützungsgruppe von den Roma Familien, den Familien und der Fraktion DIE LINKE zum Thema Roma-Abschiebungen statt.