23.
Oktober 2012
Bundesregierung
enthüllt Denkmal für ermordete Sinti und Roma
PRO
ASYL fordert Auseinandersetzung mit heutigem Rassismus
Morgen
wird in Berlin im Beisein der Bundeskanzlerin das Denkmal
für die rund 500 000 ermordeten Roma und Sinti enthüllt.
PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, das Denkmal als
Anstoß zu nutzen, um über die heutige rassistische
Diskriminierung von Roma in Europa nachzudenken. „Das
Denkmal darf nicht zum Symbol für ein gedankenloses
Gedenken verkommen“, sagte Günter Burkhardt,
Geschäftsführer von PRO ASYL. Wer ein Denkmal errichtet,
muss sich auch mit dem aktuellen Rassismus gegen Roma
auseinandersetzen und sich seiner historischen
Verantwortung stellen.
In
vielen Roma-Familien gibt es eindrückliche Erinnerungen an
Verwandte, die den von Deutschland und seinen Vasallen
verübten Genozid nicht überlebt haben. In Serbien wurden
mehrere Zehntausende Roma und Juden im Rahmen von
sogenannten Vergeltungsaktionen von Wehrmachtsoldaten
erschossen. Abertausende starben in den
Konzentrationslagern Banjica und Sajmište (Belgrad) und
Crveni Krst (Niš).
Der
rassistisch motivierte Völkermord ist nicht nur historisch
mangelhaft aufgearbeitet. Heute werden Roma in Europa
ausgegrenzt und rassistisch diskriminiert. In vielen
Ländern gehört Antiziganismus zur Alltagskultur. Im Rahmen
klassischer Sündenbock-Strategien werden Roma immer wieder
an den Pranger gestellt. Auch hierzulande scheuen sich
Politiker nicht, antiziganistische Ressentiments zu
schüren. Erst vor kurzem hatte Bundesinnenminister
Friedrich Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien
pauschal Asylmissbrauch unterstellt und die Abschaffung
der Visafreiheit gefordert.
Angesichts
des am 25. Oktober stattfindenden EU-Ministertreffens
appelliert PRO ASYL an die EU-Innenminister, keine neuen
Grenzen und Mauern in Europa aufzurichten. PRO ASYL
kritisiert den anhaltenden Druck der Europäischen Union
auf Serbien und Mazedonien, Asylgesuche ihrer Staatsbürger
zu verhindern. Die von diesen Staaten verwendeten
Praktiken, durch Kontrollen bereits ihre Ausreise zu
verhindern, sind menschenrechtswidrig. Die
diskriminierende Kennzeichnung von Roma durch Stempel in
ihren Pässen weckt auch fatale Erinnerungen.
Roma
aus dem ehemaligen Jugoslawien haben das Recht auf ein
reguläres Asylverfahren, innerhalb dessen die rassistische
Diskriminierung in ihren Heimatländern zu prüfen ist. „Es
kann nicht sein, dass Angehörige der am stärksten
diskriminierten Minderheit Europas, die aufgrund ihrer
Diskriminierung in ihren Herkunftsländern zu uns fliehen,
hier wiederum diskriminierenden Sonderverfahren
unterworfen werden“, so Günter Burkhardt von PRO ASYL.
Bei
den Betroffenen handelt es sich größtenteils um Roma, die
in Serbien und Mazedonien in solchem Ausmaß massiver
rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind, dass ihnen
ein menschenwürdiges Leben kaum möglich ist.
Obdachlosigkeit,
Arbeitslosigkeit, Vertreibung, keine Registrierung als
Staatsbürger, keine Gesundheitsversorgung, Ausgrenzung von
Kindern aus dem Schulsystem – dies ist die von
Diskriminierung geprägte Lebenswirklichkeit vieler Roma in
Serbien und Mazedonien.
Viele
Angehörige der Roma gehören bis heute zu den Leidtragenden
der ethnischen Konflikte des zerfallenden Jugoslawiens der
neunziger Jahre. Nationalismus und Fremdenhass haben sich
in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens immer wieder in
besonderem Maße gegen die Roma gewendet. Viele wurden
vertrieben und leben bis heute abseits ihrer
Heimatregionen im Elend. Ein Großteil der in Serbien
lebenden Roma ist aus dem Kosovo geflohen.
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