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Station Vranska Banja: Kein Wasser für die Häuser der Romafamilien
Vranska Banja ist ein Kurort mit
Quellen in einem Flusstal mit viel Wasser. In dem heruntergekommen
Hotel fließt das Wasser genau wie am Brunnen vor dem Kurhaus Tag und
Nacht.
Nicht so in der Romasiedlung etwas
talabwärts. Außen zeigen viele dieser Häuser, wieviele der
Romafamilien in Europa gearbeitet haben oder noch arbeiten, wenn sie
nicht abgeschoben wurden. Nur wenn man die Familien besucht, bekommt
man mit, dass das Wasser nur nachts für etwa eine Stunde läuft.
Genau dies hatten wir bereits vor einem Jahr erfahren. Die Menschen
können ihren bescheidenen Wohlstand nur sehr eingeschränkt nutzen,
weil es den örtlichen Behörden offensichtlich wichtiger ist, dass
der Brunnen vor einem baufälligen Hotel läuft, als dass die
Romasiedlung mit Wasser versorgt wird.
In der Straße ist es stiller als sonst
– es wird getrauert. Ein junger Mann Anfang vierzig ist gestorben.
Er ist aus Snejanas Familie, der wir die Broschüre über unsere
Reise 2011 gewidmet hatten. Sie erlag 2011 ihrem Krebsleiden, dass
nach ihrer Abschiebung aus Deutschland nicht mehr behandelt werden
konnte. Wir treffen ihren Sohn Ivica, der sich sehr für die Rechte
von Romas engagiert, und nun wieder in Trauer ist.
In der Siedlung treffen wir überall
auf Menschen, die in Deutschland gearbeitet haben. So erzählt uns
ein Roma, der in Deutschland aufwuchs, dann mit der Familie zur
freiwilligen Ausreise gezwungen wurde, dass er später alleine
zurückkehrte, um als Taxifahrer in Diepholz/Niedersachsen seine in
Serbien lebende Familie zu ernähren. Als der gut integrierte Mann
seine Familie nachholen wollte, wurde sie Hamburg zugewiesen, wo die
Frau und die Kinder in einem Lager leben mussten. Vor einem Jahr
wurden dann plötzlich alle zur freiwilligen Ausreise gezwungen. Der
Taxifahrer war trotzdem begeistert, sich über Deutschland
unterhalten zu können und zeigte sich als großer Fan der
nordostniedersächsischen Tiefebene. Aber er darf eben nicht dort
leben. Für ihn ist der Grund klar: weil er Roma ist. Rassismus in
Diepholz genau wie in Vranska Banja. Usko, der Sohn der Familie, die
wir besuchen drückt es anders aus: „Nur wer Glück hatte konnte
bleiben.“
Die Gegend ist bekannt für die vielen
Romamusiker, die teilweise weltbekannt sind. In Vranje besuchen wir
das Denkmal von Bakija Bakic, einem legendären Trompeter.
Usko sollte eigentlich vor zwei Tagen
sein Stipendium bei einer Musikschule in Hamburg antreten, damit dort
sein Talent gefördert wird. Auch diese Chance hat die
Ausländerbehörde nicht zugelassen. Gemeinsam besuchen wir eine
Romahochzeit, bei der der Enkel der Trompeterlegende Ekrem Mamutovic
seine gerade preisgekrönte Mischung aus traditioneller Romamusik und
Jazz mit seinem Orchester zum Besten gibt: die ganze Straße tanzt
dazu.
In den nächsten Tagen stellen wir ein ausführliches Interview zur Romamusik in Vranje und Umgebung und zu den Arbeitsbedingungen der Musiker auf den Blog.
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